Poppy J. Anderson schreibt Romane, in denen Liebe ein Gourmetessen ist.

Zwischen bunten Büchern und alten Möbeln sitzt Poppy J. Anderson und liest. Wer die 33-Jährige im Essener Café Livres erblickt, gekleidet in einem grauen Blazer über weißer Bluse zu schwarzer Hose und Turnschuhen, wird sie vermutlich nicht erkennen. Und doch ist sie ein Star: Als selbstpublizierende Autorin bei „Kindle Direct Publishing“ (KDP) schreibt sie Bücher – und Rekorde.

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Poppy, so ihr Pseudonym, ist die einzige deutsche KDP-Autorin, die es bisher in den „Kindle Million Club“ geschafft hat, der Gruppe der Indie-Autoren, die bei Amazon mehr als eine Million Bücher verkauft haben. Bereits seit vier Jahren begeistert sie Leser im deutschsprachigen Raum und inzwischen sogar in England und den USA mit ihren Liebesromanen. Über alle Vertriebswege hinweg dürfte sie bis heute wohl mehr als zwei Millionen Bücher und E-Books verkauft haben. Fakt ist: Die junge Autorin kann vom Selfpublishing leben, und das sogar sehr gut.

Denn bei KDP verdienen Schriftsteller bis zu 70 Prozent an den Erlösen ihrer Werke – statt der oft üblichen rund zehn Prozent, die Verlage bieten. Wie bedeutend das Phänomen Selfpublishing inzwischen ist, zeigt auch der Blick auf die Kindle-Bestsellerliste: Fast die Hälfte der Titel stammt von KDP-Autoren – die einstige Nische ist ein signifikantes Marktphänomen.

Für viele Schriftsteller ist der direkte Zugang zum Leser ein Befreiungsschlag: Fast zwei Drittel der Indie-Autoren gaben einer jüngsten Studie zufolge an, es zuvor erfolglos mit einem Manuskript bei Verlagen versucht zu haben.

Auch Poppy hat erst mit Selfpublishing ihr Glück versucht: „Ich hätte mich niemals getraut, einen Verlag anzusprechen“, sagt sie. Doch dann hörte sie zufällig im Radio einen Beitrag über die neuen Chancen und startete 2012 so den ersten Versuch bei KDP mit einem Roman: „Verliebt in der Nachspielzeit“ fand aus dem Stand viele Tausend Leser – damit hatte Poppy nicht gerechnet. „Ich hatte bereits seit einigen Jahren als Ablenkung vom Alltagsstress Liebesromane geschrieben. Meine erste Geschichte habe ich bei Amazon aber ohne Erwartungen hochgeladen“, sagt die Erfolgsautorin. Es folgten über 20 Romane und sechs Kurzromane.

Jedes Einzelne ihrer Bücher schaffte es auf Platz eins der Amazon Kindle-Bestsellerliste. Durch ihren Erfolg wurden auch klassische Verlage auf die Autorin aufmerksam. Seit dem Frühjahr veröffentlicht Bastei-Lübbe ihre Buch-Serie „Taste of Love“. Das Indie-Publishing deshalb aufzugeben, käme für Poppy aber nicht in Frage. Denn zweierlei schätzt sie besonders: ihre Eigenständigkeit und ihre Freiheit.