Wenn ein aufgewecktes Kind wie die 14-Jährige Emefa in dem entlegenen ghanaischen Dorf Adeiso sich nach neuen Büchern zum Lesen erkundigt, lautet die Antwort für gewöhnlich: „Vielleicht kriegen wir in ein paar Jahren wieder welche herein, sofern die Lieferung denn auch ankommt.“ Das ist typisch für viele Länder Afrikas, in denen der mangelnde Zugang zu Büchern mit am stärksten zur Perspektivlosigkeit der Kinder beiträgt.

„Kinder, die vorher vor leeren Bücherregalen standen und keine Chance hatten, an Lesestoff zu kommen, können durch den Kindle plötzlich eine ganze Bibliothek mit sich führen."
Susan Moody

Dies könnte sich allerdings schon bald ändern – dank neuer Technologien.

Diese Hoffnung hegt zumindest Worldreader, eine gemeinnützige Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Menschen in Entwicklungsländern mithilfe des Kindle Bücher – und deren mitunter lebensverändernden und kraftspendenden Inhalte – an die Hand zu geben. „Wir arbeiten in einem Teil der Welt, in dem es keine Bücher gibt“, so Susan Moody von Worldreader. „Kinder, die vorher vor leeren Bücherregalen standen und keine Chance hatten, an Lesestoff zu kommen, können durch den Kindle plötzlich eine ganze Bibliothek mit sich führen.“

Doch warum gerade Kindle? Susan Moody erläutert dies so: „Der Kindle ist ein Gerät, das für Leute wie dich und mich entwickelt wurde und sich dafür eignet, im Bus oder abends im Bett zu lesen. Es ist allerdings auch ein Gerät, das den Bedürfnissen von Entwicklungsländern ausgesprochen gut nachkommt. Der Kindle ist mittlerweile erschwinglich geworden, hat eine Akkulaufzeit von bis zu einem Monat und kann problemlos mit Wind- oder Solarenergie aufgeladen werden. Da der Kindle Mobilfunknetze nutzt, die selbst in den entlegensten Teilen Afrikas bereits allgegenwärtig sind, wird in Schulen keine neue Infrastruktur benötigt. Zudem können die Kinder draußen damit lesen, sogar bei sehr hellem Sonnenlicht.“

„Das Beste ist allerdings“, so Susan Moody weiter, „ dass auf einen Kindle mehr als tausend Bücher passen und neue Bücher innerhalb von 60 Sekunden heruntergeladen werden können. Dadurch entfallen die Druckkosten und die Lieferung ist auf das Wesentliche reduziert. Plötzlich ist es denkbar, dass jedes Kind nicht nur zu Büchern, sondern zu einer Auswahl von Tausenden von Büchern aus der ganzen Welt Zugang hat.“

An der Adeiso Junior High School, die Emefa besucht, war die Lage desolat. „Es handelte sich um eine der Schulen, die sich noch glücklich schätzen konnte, überhaupt eine Bibliothek zu haben. Diese enthielt jedoch nur sehr wenige Bücher, von denen 10 Exemplare zudem Die Geschichte von Utah behandelten“, erläutert Susan Moody. „Wenngleich Bücherspenden häufig mit den besten Absichten erfolgen, regen die bereitgestellten Bücher die Kinder oft nicht zu vermehrtem Lesen an.“ Im vergangenen Jahr, als Worldreader den Schülern der Adeiso Junior High School die Kindle-Geräte übergab, war jeder Kindle mit Hunderten von Kindergeschichten und regionalen ghanesischen Volksmärchen bespielt, auf Englisch sowie auf Twi, der Regionalsprache.

„Die Kinder konnten den Kindle innerhalb von Minuten bedienen. Sie sind den Umgang mit Handys gewohnt, somit war ihnen die Technik nicht fremd. Innerhalb von Minuten luden die Kinder Bücher herunter und lasen darin.“

Als Emefa ihr Buch ausgelesen hatte und nach einem neuen fragte, hatte sie mit dieser Antwort wohl nicht gerechnet: „Klar! Einfach den Knopf drücken …“

Doch was lesen die Kinder überhaupt angesichts dieser vielen neuen Auswahlmöglichkeiten? „Wir haben festgestellt, dass die Kinder sehr gerne Geschichten über Dinge lesen, die sie selbst betreffen“, berichtet Susan Moody, „Geschichten, die von der Pflege eines an Malaria erkrankten Freundes handeln und anderen Problemen, mit denen sie im Alltag konfrontiert sind. Sie lesen Bücher von Autoren aus der Region, setzen sich aber zugleich mit Gedankengut aus der ganzen Welt auseinander. Sie lesen Coco, der neugierige Affe, laden Leseproben internationaler Zeitungen und Zeitschriften herunter und interessieren sich selbst für Bücher wie die Autobiografie von Jay Z.“

Mohamed Aminou, Lehrer an der Adeiso Junior High School, hat den Kindle als einer der ersten im Unterricht eingesetzt. „Von dem Tag an, an dem die Kinder zum allerersten Mal den Kindle in der Hand hielten, waren sie sichtlich motiviert. Sie nehmen ihn überall hin mit, um darin zu lesen, und das Lesen bereitet ihnen Freude. Die Möglichkeiten, mehr zu lesen oder auch sich im Voraus etwas anzulesen, haben zugenommen, und zwar deutlich.“ Mohamed Aminou hofft, dass schon bald jedes Kind einen Kindle bereitgestellt bekommt. „Sollte das tatsächlich eintreten, könnte sich die Schule vor Schülern wohl kaum noch retten.“

Kinder aus Ghana, Kenia und Uganda sind dank Worldreader bereits in den Genuss von über 200.000 eBooks gekommen. Doch Worldreader verfolgt bereits ein neues Ziel: Diese Zahl soll auf eine Million steigen. Hierzu arbeitet die Organisation mit Verlagen und Unternehmen wie Amazon zusammen. Amazon hat die Kindle-Geräte gestellt, die eBooks aufgespielt und jüngst seine Unterstützung weiter aufgestockt, indem es weitere Kindle-Geräte sowie Cloud-Computing-Dienste von Amazon Web Services kostenlos zur Verfügung gestellt hat.

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